Herrscherin der Meere

Herrscherin der Meere
von Frank Adam
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe - 336 Seiten - Koehlers Verlagsges.
Erscheinungsdatum: August 1998
Millionen von Lesern verschlingen die Abenteuer von Hornblower, Bolitho und anderen Seehelden. Sie wollen wissen: Was ist Wirklichkeit, was ist Erfindung? Frank Adam ... liefert ein detailliertes Bild dieser Zeit. ... Lebendig und anschaulich Informationen u.a. über Ausbildung, Anwerbung und Bordleben der Offiziere und Mannschaften.

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Korvette schießt mit glühenden Kugeln

LIVELY gegen TOURTERELLE

Weitgehend nach dem Bericht in der "Naval History" (1837) von William James

Am 13. März 1795 , ca. 7:00 in der Frühe sichtete die britische Fregatte LIVELY, 38 Geschütze, 800 Tonnen, rund ein Dutzend Seemeilen vor Ushant drei fremde Segel mit Kurs auf die Küste Frankreichs.
Das u.a. mit langläufigen 18-Pfünder-Kanonen und sechs 24-Pfünder-Karronaden armierte englische Kriegsschiff stand zu diesem Zeitpunkt unter dem Kommando von Kapitän George Burlton, der den erkrankten Kommandanten Lord Garlies vertrat.

Burlton war 1794 noch 1. Offizier des 74-Kanonenschiffes BELLEROPHON gewesen. Unter dem Kommando von Kapitän William Hope nahm er im Mai / Juni 1794 an der berühmten Seeschlacht des Glorious First of June teil und wurde wegen des glänzenden Sieges der Engländer zum Kapitän befördert. Auch in Vertretung des erkrankten Lord Garlies war er bereits erfolgreich gewesen: 11 Tage zuvor hatte die LIVELY vor Brest die französische Korvette ESPION (18) gestellt, die sich den Engländern ohne Widerstand ergeben hatte.

Auf einen solchen Fang hoffte Burlton nun erneut und befahl die Verfolgung der gesichteten Schiffe. Die LIVELY war ein guter Segler und kam den gesichteten Schiffen rasch näher. Bald darauf wendete der größte der drei verfolgten Segler und stellte sich der englischen Fregatte entgegen.

Die französische Korvette bzw. kleine Fregatte TOURTERELLE, 30 Geschütze und 580 Tonnen, verfügte als schwerstes Kaliber zwar lediglich über langläufige 9-Pfünder, dafür aber über eine für Kriegsschiffe dieser Zeit ungewöhnliche Ausrüstung:
Auf ihrem unteren Deck bzw. im Innenschiff war ein Spezialofen zum Erhitzen von Kanonenkugeln angebracht.

Möglicherweise gab diese Ausrüstung ihrem Kommandanten Guillaume Montalan das Selbstbewußtsein, eine feindliche Fregatte mit einem fast um 70% schwereren Breitseitengewicht anzugehen. Vielleicht hatten die französischen Ausgucks Kapitän Montalan aber auch einen schwächeren Gegner angekündigt.

Die Fähigkeit, mit glühenden Kugeln zu schießen und den Gegner möglicherweise in Brand zu setzen, war vielleicht eine Überraschung für Kapitän Burlton - eventuell wurde der englische Kommandant jedoch durch den Rauch des Ofens auf die ungewöhnliche Waffe des französischen Schiffes vorbereitet.
Tatsächlich vermochte die TOURTERELLE der LIVELY aber nur wenig Schaden zufügen, als die beiden Schiffe um ca. 10:30 auf entgegengesetzen Kursen zusammentrafen, die französische Korvette auf Parallelkurs ging und die ersten Breitseiten gewechselt wurden.

Im Gegensatz dazu forderten die 18-Pfünder und die englischen Karronaden nicht nur große Verluste unter den Franzosen, sondern verheerten auch die Takelage des Gegners, der binnen kurzer Zeit schon alle drei Topmasten eingebüßt hatte.
Das schwere Kaliber der englischen Kanonen hinterließ aber auch schwere Wunden im Rumpf der leichten französischen Fregatte.
Nach 3 Stunden Kampf kapitulierte die französische Korvette und holte die Flagge nieder, kurz darauf knickte ihr Hauptmast ein und ging über Bord.

Die französischen Verluste betrugen 16 Tote und 25 Verletzte von 230 Mann Besatzung. Unter den 250 britischen Besatzungsmitgliedern gab es lediglich 2 Verwundete.

Die LIVELY war kurz nach dem Gefecht bereits in der Lage, die Verfolgung der zwei anderen französischen Schiffe aufzunehmen. Tatsächlich gelang es Kapitän Burlton noch, diese Schiffe einzuholen und zu erobern. Es handelte sich dabei jedoch nicht um Kriegschiffe, sondern um von der ehemalig französischen Korvette ESPION erbeutete britische Segler - kurz, bevor die LIVELY die ESPION erobert hatte. Sie wurde wie die TOURTERELLE nach England geschickt.

Die Admiralität kaufte sowohl die TOURTERELLE als auch die ESPION und übernahm beide als Fregatte und Sloop in die britische Navy.
Die TOURTERELLE wurde ab 1799 jedoch als Versorgungsschiff eingesetzt und 1816 dann außer Dienst gestellt.
Kapitän Burlton und sein 1. Offizier Leutnant Joshua Rowley Watson bekamen für ihre Erfolge Ehrenmedaillen, damals übliches "Kopfgeld" und natürlich einen Löwenanteil des Prisengeldes. Watson wurde zum Commander befördert und Kommandant der ESPION, die in die britische Navy als SPY übernommen wurde.

Die LIVELY unter Lord Garlies war am 14. Februar 1797 bei der Schlacht vor Kap St. Vincent dabei und hatte später die Ehre, die Botschaft vom Sieg der Briten über eine spanische Flotte nach England zu bringen. Ihr Schicksal danach ist ungewiss, doch sie muß wohl verloren gegangen sein, denn 1804 wurde eine neue LIVELY in Dienst gestellt.

Der Sieg der LIVELY über die TOURTERELLE gehört sicherlich nicht zu den großen Seegefechten dieser Zeit, verdient aber deswegen historische Erwähnung, weil in diesem Duell zum ersten und wohl auch zum letzten Mal in diesem Krieg ein Schiff mit glühenden Kugeln auf ein anderes Schiff schoß - wegen der Selbstentzündungsgefahr blieb das Abfeuern dieser entzündlichen Geschoße ansonsten Landbatterien vorbehalten. Der militärische Nutzen dieser speziellen Munition war in diesem Fall aber auch denkbar gering, weil wohl auch nur eine geringe Zahl dieser erhitzten Kugeln überhaupt hatte verschossen werden können.

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